Lana, wie bist du dazu gekommen, die Schallplatte zur Seite zu legen und die Tastatur in die Hand zu nehmen?  

Die Arbeit in der Musikbranche ist echt nicht für jeden. Gerade, wenn man mit Künstlern arbeitet, braucht man echt ein dickes Fell. Wenn sie dich um 4 Uhr nachts anrufen und was wollen, dann ist das halt so. Es ist sehr viel Undankbarkeit dabei. Man ist eigentlich nur konfrontiert mit Beschwerden und Unzufriedenheit. Es ist auch sehr unauthentisch. Man muss pausenlos networken und sich selbst und seine Bands verkaufen, und weiß dabei nie, woran man wirklich ist. Das alles hat mich sehr viel auf der menschlichen Ebene belastet.

Wie kamst du dann auf die IT als mögliche Alternative?

Ich habe in meinem alten Job irgendwann angefangen, HTML-Templates zu schreiben und mich total darüber gefreut, wie das funktioniert. Voller Stolz habe ich das meinem Freund gezeigt, der ist Entwickler. Der war natürlich wenig beeindruckt. Ich habe ihm dann verstärkt über die Schulter geschaut. Die ganzen bunten Codelinien auf dem Monitor, was passiert da überhaupt? Das hat meine Neugier geweckt.

Gab es einen ausschlaggebenden Anlass, dann den Sprung ins kalte Wasser zu wagen?

Ich hatte ein Gespräch mit meiner damaligen Chefin. Die erzählte mir von ihrem langen Burnout und wie der Job das Privatleben belastet. Mir wurde klar: Hier gibt es keine Zukunft für mich. Ich wollte wechseln und mir eine stabilere Karriere aufbauen, die später dann auch mit einer Familie kompatibel ist. Ich wollte raus aus der verrückten Musikwelt und irgendwo arbeiten, wo es nicht dominiert ist von launischen Leuten und wo man sich nicht immer verstellen muss. Und da habe ich mich entschlossen, dem Plattenlabel ade zu sagen und in die IT zu gehen!   

Fiel dir die Entscheidung schwer? Wann hast du diese Entscheidung überhaupt getroffen?

Das war Mitte 2019. Und ja, das fiel mir echt schwer. Quereinstieg bedeutete für mich immer: Ich bin der Dulli für alle. Ich hatte kein Studium und keine Ausbildung in dem Bereich. Eine Umschulung war nicht möglich, das hat das Jobcenter klargestellt, schließlich hatte ich schon studiert und war im Job. Das hat meine Träume erstmal richtig zerstört. Aber ganz von vorne anfangen wollte ich auch nicht, also kein weiteres Studium oder eine Ausbildung. Ich wollte arbeiten.

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Trotz Jobticket: Lana-Sophie setzt aufs Bike.

Wie bist du aus dieser Lage herausgekommen?

Da mein Freund Entwickler ist, hat er mich mit seinem Chef bekannt gemacht. Und da Entwickler händeringend gesucht werden, hat er den Vorschlag gemacht, dass ich ein Jahr Praktikum in der IT der WERTGARANTIE Group mache. Wenn ich mich gut anstelle, werde ich übernommen. Dazu musste ich dann Berlin verlassen. Das war bitter für mich, aber so eine riesige Chance konnte ich nicht liegen lassen.

Und wie lief dann das Praktikum? 

Leicht war das nicht. Ich habe einen kompletten Kaltstart hingelegt und mir von morgens bis abends Tutorials reingezogen. Du kannst ja jetzt nicht die Kollegen von der Arbeit abhalten, weil du erklärt bekommen musst, wie HTML funktioniert. Deshalb habe ich mir hintereinander weg HTML, JavaScript und CSS über YouTube gegeben. Und sobald ich auf der Frontend-Seite eine Basis aufgebaut hatte, habe ich mir dann kleine Tickets geschnappt, wie einfache Textanpassungen. Als nächstes habe ich mich bei Kollegen drangehängt und ihnen über die Schulter geschaut, mir bei komplexen Tickets erklären lassen, was sie da machen. Das war für mich eine schwierige Zeit, weil ich das Gefühl überhaupt nicht mag, jemanden zur Last zu fallen. Aber dementsprechend hoch war mein Anspruch, schnell zu lernen. Und das ging ganz gut. Nach ein paar Monaten habe ich eigene Tickets gehabt. Und jetzt merkt man meinen fehlenden Background schon gar nicht mehr. Ich wurde bereits nach 5 Monaten übernommen.